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Start:  Naturhof Malchow
Ende:  Café Lehmsofa

Länge:  9 Kilometer
zu Fuß: 3 Stunden

Ist das hier noch Berlin? Ja, es ist eine der vielen Facetten des Hauptstadtlebens. Die drei Dörfer Malchow, Wartenberg und Falkenberg sind im 13. Jahrhundert entstanden. Hier an der nordöstlichen Stadtgrenze ist man zweifelsfrei ganz weit draußen. Berliner:innen bezeichnen solche Randlagen gerne als „jottwehdeh“ – janz weit draußen. Und doch sind diese drei Ortsteile ausgezeichnet zu erreichen.

Der Naturhof Malchow ist wie ein Freilandlabor. Kleine und große Entdecker:innen sind hier im Erlebnisgarten der Natur auf der Spur. Vorträge, Workshops, Wanderungen und kulinarische Streifzüge gehören zum Angebot. Unvergesslich ist der Blick in die Storchennester des Naturhofes. Zu Recht sind die Malchower:innen stolz auf ihre Störche, denn sie sind mit denen im benachbarten Falkenberg und dank der naturnahen Wiesen und Auen die einzigen auf Berliner Stadtgebiet. Wer Adebar etwas komfortabler im Blick behalten möchte, ist im Storchencafé willkommen. Per Stream werden die Regungen aus dem Nest live hierher übertragen.

Die Alte Dorfschule ist ein typischer Backsteinbau aus dem 19. Jahrhundert. Doch trotz des kleinen Friedhofs ist die Dorfidylle unvollständig: Von der mittelalterlichen Feldsteinkirche sind nur noch wenige Mauerreste des Chorraumes erhalten. Die Kirche wurde im April 1945 von der Wehrmacht gesprengt. Ziel war es, der vorrückenden Roten Armee keine Orientierungspunkte wie Kirchtürme zu bieten.

Theodor Fontane notierte 1878, wie er auf seiner Weihnachtswanderung nach Malchow die Dorfbewohner:innen bei Durchsicht der Kirchenbücher wahrnahm: „Kluge Leute schon damals,“ denn unter allen Betätigungen wählten sie für sich „am liebsten und häufigsten in den des Beamten- und Dienstpersonals zu treten“. Das hier gemeinte Gut Malchow mit seinem Stamm an loyalem Personal gehörte ab 1684 dem preußischen Staatsminister Paul von Fuchs. Auf seinem Anwesen empfing er einst das erste Königspaar Friedrich I. und Sophie Charlotte von Preußen zur Landpartie. Seit die Stadt Berlin das 500 Hektar umfassende Gut 1842 erwarb, wurde es mehrfach umgebaut. Es war die erste kommunale Tuberkulose-Heilstätte Berlins, später ein volkseigenes Gut, das noch bis 2004 als landwirtschaftlich-gärtnerische Fakultät genutzt wurde. Heute ist die historische Anlage Standort einer Selbsthilfeorganisation, in der Abhängige in ein Leben ohne Drogen zurückfinden können.

Eine unerschütterliche Haltung bewies ein Malchower in dunkler Zeit: Eine Gedenktafel erinnert an den Polizeibeamten Wilhelm Behr. Er warnte Familien, die jüdische Mitmenschen versteckten, vor bevorstehenden Hausdurchsuchungen der Nationalsozialisten und bot selbst Verfolgten Schutz.

Japanischer Kirschgarten

Dorfkate Falkenberg

Je größer Berlin ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde, desto dringlicher wurden Infrastrukturprojekte. Insbesondere für die fäkalbelasteten Abwässer aus den Haushalten der Mietskasernen wurden Lösungen gesucht. Nicht zuletzt hatte der bekannte Mediziner Rudolf Virchow auf die Notwendigkeit einer Kanalisation zur Seuchenvermeidung hingewiesen. Als Stadtbaurat war James Hobrecht für die Entwicklung der Stadtentwässerung verantwortlich. Sein Konzept teilte Berlin in zwölf Radialsysteme ein. Über die Pumpwerke in jedem Abschnitt wurden die Abwässer auf Rieselfelder geleitet, dort gefiltert und versickert. Die Landarbeiter:innen der Felder und Stadtgüterbetriebe lebten in einfachen Wohnungen entlang der Malchower Dorfstraße.

Umgeben von ehemaligen Rieselfeldern liegen einige von Erlenbruchwald umsäumte Torfstichteiche und der Malchower See. Dieser Toteissee ist ein Erbe der letzten Eiszeit. Als sich die massiven Gletscher zurückbildeten, blieben mit Eis und später Wasser gefüllte Senken zurück. Durch die naturnahen Uferzonen ist der See besonders artenreich und entsprechend geschützt.

Am Japanischen Tor öffnet sich der Blick zum Japanischen Kirschgarten und auf die Wartenberger Feldmark. Wer bei Sonnenaufgang das Eichentor durchschreitet, dessen Wünsche gehen – laut alter japanischer Überlieferung – in Erfüllung. Die Bepflanzung des Hains zeigt im Grundriss Sonnenstrahlen. Beeindruckende Sichtachsen liefert das Frühjahr, wenn die Zierkirschen in prächtiger Blüte stehen. Diese Gehölze sind, wie vielerorts an der Berliner Stadtgrenze, ein Geschenk aus Japan. Sie symbolisieren Frieden und erinnern an die deutsche Wiedervereinigung.

Selbst für Berliner:innen ist es überraschend, dass die Naturidylle entlang des Hechtgrabens bis zum Wartenberger Dorfkern noch zum Stadtgebiet gehört. Mit etwas Glück sind die ganzjährig unter freiem Himmel weidenden Schottischen Hochlandrinder zu beobachten, die hier unermüdlich und sehr naturnah Landschaftspflege betreiben.

Die Bronzefigur zweier Störche am jüngst renaturierten Dorfteich markiert das idyllische Wartenberg. Ganz in der Nähe stand die mittelalterliche Dorfkirche – bis April 1945. Dieses Schicksal eint den Ortsteil mit etlichen benachbarten Umlandgemeinden genauso wie mit der urbaneren Mitte Berlins.

In Falkenberg befindet sich Europas größtes und modernstes Tierheim. Jedes Jahr werden tausende Tiere aufgenommen, betreut und vermittelt.

Auch das Dorf Falkenberg liegt umgeben von früheren Rieselfeldern. Der Park des nicht erhaltenen Gutshauses ist das Eingangstor zum Regionalpark Barnimer Feldmark. 1791 erwarb die Mutter der Gelehrtenbrüder Alexander und Wilhelm von Humboldt das Gut. Auch auf dem benachbarten Friedhof finden sich die Spuren der Familie.

Ein seltenes Beispiel dafür, wie Menschen in früherer Zeit wohnten, ist das Gutsarbeiterhaus von 1856. Es ist aus gebrannten Ziegelsteinen und Lehm erbaut. Hier lebten im Erdgeschoss acht Familien, die sich zwei Küchen ohne Rauchabzug teilten. Solche wurden als „schwarze Küchen“ oder „Rauchküchen“ bezeichnet, denn hier wurde an offenen Feuerstellen gekocht. Die Stuben im Dachgeschoss waren ledigen Gutsarbeitern vorbehalten. Die Dorfkate Falkenberg ist die einzige erhaltene Lehmkate Berlins und deshalb seit 1978 denkmalgeschützt. Heute kümmert sich ein Förderverein um den Erhalt, bietet Veranstaltungen, Ausstellungen und Führungen an.

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